Wenn der Nachlass überschuldet ist oder eine Zahlungsunfähigkeit vorliegt, kann eine Nachlassinsolvenz beantragt werden. Damit versuchen die Erben, die Haftung für die Schulden des Erblassers auf das geerbte Vermögen zu beschränken. Eine Haftung mit dem persönlichen Vermögen soll ausgeschlossen werden. Was beim Beantragen der Nachlassinsolvenz zu beachten ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Was ist Nachlassinsolvenz?
Die Nachlassinsolvenz ist eine Sonderform der Insolvenz. Sie kann beantragt werden, wenn ein Nachlass überschuldet ist oder, wenn eine Zahlungsunfähigkeit gegenüber Gläubigern besteht. Die Erben müssen für die Eröffnung des Verfahrens einen Antrag stellen, und zwar sobald sie von der Überschuldung bzw. der Zahlungsunfähigkeit erfahren.
Nachlassinsolvenz beantragen: Notwendige Unterlagen
Damit Sie die Nachlassinsolvenz beantragen können und ein Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet wird, müssen die Erben den Antrag beim zuständigen Insolvenzgericht stellen. Das ist die gleiche Stelle, bei der Sie auch eine Privatinsolvenz beantragen können.
Dazu sind verschiedene Unterlagen nötig:
- Angaben zum Erblasser
- Angaben zu den Erben
- Nachweis der Erbberechtigung (Erbschein, Testament, Erbvertrag)
- Nachlassverzeichnis bzw. Schuldenverzeichnis
- Verzeichnis der Gläubiger
Erstellung eines Nachlassverzeichnisses
Vor allem, wenn es um ein unübersichtliches oder überschuldetes Erbe geht, ist ein Nachlassverzeichnis wichtig. Es kann formlos erstellt werden und enthält Angaben über alle Vermögensgegenstände und Vermögenswerte. In der Praxis enthält das Nachlassverzeichnis verschiedene Kategorien – vom Bankvermögen bis zum Hausrat:
- Geldvermögen
- Bankvermögen inklusive Aktien, Wertpapiere, Fonds etc.
- Immobilien
- Fahrzeuge
- Kunstgegenstände
- Sammlerobjekte
- Uhren
- Schmuck
- Hausrat
Alles, was verkauft und damit zu Geld gemacht werden kann, sollte in das Nachlassverzeichnis aufgenommen werden.
Angaben zum Wert des Nachlasses
Die Auflistung im Nachlassverzeichnis ist die Grundlage, um Angaben zum Wert des Nachlasses machen zu können. Während das bei Bar- oder Bankvermögen relativ einfach ist, gestaltet es sich bei Immobilien oder anderen Wertgegenständen schwieriger. Um den Wert von Immobilien angeben zu können, ist in der Regel ein unabhängiges Gutachten nötig. Dabei schätzt ein neutraler Gutachten den Verkehrswert oder den Ertragswert der Immobilie. Auch bei Kunstgegenständen oder Schmuck sind die Schätzungen von Gutachtern empfehlenswert.
Nachweis der Erbenstellung
Für den Antrag auf ein Nachlassinsolvenzverfahren ist es wichtig, dass sich die Erben als solche ausweisen können. Das geschieht in der Regel durch eines der folgenden drei Dokumente:
- Testament
- Erbvertrag
- Erbschein
Die Rolle des Nachlassverwalters und dessen Kosten
Ein Nachlassverwalter kann auf folgenden Wegen beantragt werden:
- Durch die Erben
- Durch einen Gläubiger
Der Antrag auf einen Nachlassverwalter wird beim Nachlassgericht gestellt. Das Nachlassgericht legt auch die Kosten für den Nachlassverwalter fest. Er wird entweder nach einem Stundensatz oder nach einer Pauschale, die sich am Wert des Nachlasses orientiert, bezahlt. In der Regel handelt es sich um einen Anwalt oder einen Notar, der auf Erbrecht spezialisiert ist.
Sobald ein Nachlassverwalter bestellt wurde, haften die Erben für die Nachlassverbindlichkeiten nicht mehr persönlich mit ihrem Privatvermögen.
Die Aufgaben des Nachlassverwalters
Je nach Konstellation führt ein Nachlassverwalter unterschiedliche Aufgaben aus. Zu seinen wesentlichen Tätigkeiten gehören:
- Erstellung eines Nachlassverzeichnisses bzw. Schuldenverzeichnisses, um Angaben zum Wert des Nachlasses machen zu können
- Bei Ehepaaren: Trennung des Nachlassvermögens vom Privatvermögen des Ehepartners
- Zahlungen an die Gläubiger aus der Erbmasse
Die rechtliche Grundlage der Nachlassverbindlichkeiten
Nehmen Sie ein Erbe an, gehen die Rechte und die Pflichten aus dem Nachlass auf Sie über. Der Fachbegriff dafür lautet Nachlassverbindlichkeiten. Als Erbe müssen Sie noch fällige Arztrechnungen ebenso begleichen, wie offene Schulden, die der Erblasser hinterlassen hat. Auch die Erbfallverbindlichkeiten fallen unter die Nachlassverbindlichkeiten. Dazu zählen folgende Kosten:
- Kosten für die Beerdigung
- Kosten für die Testamentseröffnung
- Kosten für das Ausstellen des Erbscheins
- Pflichtteilsansprüche
- Auflagen aus dem Testament
Haben Sie den Verdacht, dass das Erbe mit Schulden belastet ist, sollten Sie möglichst schnell herausfinden, wie hoch diese sind. Neben einer Nachlassinsolvenz ist es nämlich auch möglich, das Erbe komplett auszuschlagen. Dazu haben sie jedoch nur sechs Wochen nach dem Tod des Erblassers Zeit.
Voraussetzungen für die Einleitung des Nachlassinsolvenzverfahrens
Die Grundvoraussetzung für die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens ist, dass der Nachlass mit Schulden belastet ist bzw. eine Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Desweiteren ist ein entsprechender Antrag beim Insolvenzgericht nötig. Diesen Antrag können entweder die Erben oder Gläubiger stellen. Der richtige Ort dafür ist das Insolvenzgericht. Dort können Sie eine Nachlassinsolvenz ebenso wie eine Privatinsolvenz beantragen.
Die Durchführung des Nachlassinsolvenzverfahrens
Wurde der Antrag auf Einleitung eines Nachlassinsolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht gestellt, prüft das Gericht, ob alle Unterlagen vorliegen.
Der Antragsprozess beim Insolvenzgericht
Damit ein Nachlassinsolvenzverfahren starten kann, muss ein Antrag gestellt werden. Diesen Antrag stellen entweder die Erben des überschuldeten Erblassers oder er wird von einem Gläubiger gestellt. Erst wenn alle Unterlagen komplett sind, wird das Insolvenzgericht das Verfahren eröffnen und über die Verteilung des vorhandenen Vermögens und die Befriedigung der Ansprüche der Gläubiger entscheiden. Die Kosten für das Verfahren müssen in der Regel aus der Erbmasse beglichen werden.
Bedeutung der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung
Im Rahmen von Nachlassinsolvenzverfahren wird entweder von der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung gesprochen.
- Zahlungsunfähigkeit bedeutet, dass offene Zahlungen nicht mehr beglichen werden können.
- Überschuldung bedeutet, dass die Verbindlichkeiten gegenüber Dritten höher sind als das Vermögen des Erblassers.
Privatinsolvenz: Folgen für Kinder und die Familie
Wenn Sie eine Privatinsolvenz beantragen, betrifft das in der Regel nur Sie selbst. Für Ihre Kinder, ihre Eltern oder die Großeltern hat die Privatinsolvenz in der Regel keine direkten Folgen. Sie müssen nicht für die Schulden ihres Angehörigen aufkommen. Es sei denn, es gibt Verträge oder Bürgschaften, in denen etwas anderes zwischen den Familienmitgliedern vereinbart ist. Hat die Person etwa einen Immobilienkredit aufgenommen, in dem die Eltern als Bürgen eingetragen sind, müssen Sie auch bei der Privatinsolvenz für diese Schulden aufkommen.
Todesfall während der Privatinsolvenz
Verstirbt der Schuldner während des Verfahrens, treten seine Erben jedoch an seine Stelle. Hier ist es empfehlenswert, das Insolvenzverfahren in ein Nachlassinsolvenzverfahren umzuwandeln. So ist sichergestellt, dass das private Vermögen der Erben geschützt ist und sie nicht mit diesem haften müssen.
Fragen Sie sich, wie lange das Verfahren über die Privatinsolvenz in der Regel dauert? Normalerweise dauert es drei Jahre. Hinzu kommt noch die Vorbereitungszeit.
Schritte zum Schutz des persönlichen Vermögens vor Erbschulden
Hat sich herausgestellt, dass Sie Schulden erben werden, gibt es verschiedene Schritte, um das eigene Vermögen vor einer Haftung zu schützen. Dazu gehört neben der Berufung eines Nachlassverwalters auch die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens.
Erbe vor Pfändung schützen
Befinden Sie sich in einer Privatinsolvenz, gibt es keine Möglichkeit, dass Sie das Erbe vor einer Pfändung schützen. Ihr Erbe geht während der aktiven Phase direkt an den Insolvenzverwalter. Sie können sich daher überlegen, das Erbe auszuschlagen. So schützen Sie es vor Pfändung. Ihr Anteil am Erbe geht dann an andere erbberechtigte Personen. Haben Sie Kinder, geht Ihr Erbteil automatisch an Ihre Kinder.
Sind Sie Geschäftsführer einer GmbH und befinden Sie sich in einer Firmeninsolvenz,, haften Sie nicht mit Ihrem Privatvermögen, sobald Sie das volle Stammkapital eingezahlt haben.
Nachlassinsolvenz zur Haftungsbegrenzung nutzen
Sobald ein Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet wurde, kann das Vermögen der Erben nicht mehr für die Haftung in Bezug auf Nachlassverbindlichkeiten herangezogen werden. Eine Nachlassinsolvenz zu beantragen bedeutet daher, die Schulden auf das Nachlassvermögen zu begrenzen. Die Gläubiger haben das Nachsehen. Deren Ansprüche können lediglich mit dem Vermögen aus der Erbmasse befriedigt werden.
Kostenaspekte der Nachlassinsolvenz
Eine Nachlassinsolvenzverfahren kostet Geld. In der Regel werden die Kosten des Verfahrens aus dem Nachlass bestritten. Die Kosten setzen sich vor allem aus den folgenden Punkten zusammen:
- Gerichtskosten
- Kosten für Sachverständige bzw. Gutachter
- Kosten für den Nachlassinsolvenzverwalter
- Kosten für den Gläubigerausschuss
Gerichtskosten und Gutachterkosten
Bei der Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens werden Gebühren erhoben. Die Gebühren unterscheiden sich, je nachdem, ob die Erben selbst die Nachlassinsolvent beantragt haben oder ob der Antrag vom Gläubiger eingebracht worden ist.
Kosten des Nachlassinsolvenzverwalters
Die Insolvenzrechtliche Vergütungsordnung (InsVV) regelt die Vergütung für den Nachlassinsolvenzverwalter, wenn Sie die Nachlassinsolvenz beantragt haben.
Die Kosten berechnen sich nach der Insolvenz- bzw. Erbmasse. Die Kosten für den Nachlassverwalter staffeln sich wie folgt:
- Bis zu 25.000 Euro: 40 % der Insolvenzmasse
- Bis zu 50.000 Euro: 25 % vom Mehrbetrag
- Bis 250.000 Euro: 7 % vom Mehrbetrag
- Bis 500.000 Euro: 3 % vom Mehrbetrag
Fazit zu Nachlassinsolvenz beantragen
Um eine Nachlassinsolvenz zu beantragen, müssen Sie sich an das Insolvenzgericht wenden. Sie sollten die Nachlassinsolvenz beantragen, wenn Sie herausfinden, dass ein Erbe mit Schulden belastet ist.
Durch das Verfahren wird sichergestellt, dass Sie bei einem überschuldeten Nachlass nicht mit Ihrem Privatvermögen haften. Neben den Erben können auch Gläubiger eine Nachlassinsolvenz beantragen. Die Kosten des Verfahrens werden aus der Erbmasse gedeckt.
FAQs zu Nachlassinsolvenz beantragen
Was ist eine Nachlassinsolvenz?
Eine besondere Form der Insolvenz. Dabei wird das Vermögen des Erben vom Nachlass getrennt. Die persönliche Haftung der Erben wird auf den Nachlass beschränkt. Das eigene Vermögen wird nicht zur Haftung verwendet.
Unter welchen Voraussetzungen kann ich eine Nachlassinsolvenz beantragen?
Wenn der Nachlass überschuldet ist oder eine Zahlungsunfähigkeit vorliegt.
Wie läuft das Nachlassinsolvenzverfahren ab?
Ein Nachlassinsolvenzverfahren wird auf Antrag eröffnet. Die Erben müssen den Antrag stellen, sobald sie von der Überschuldung erfahren haben.
Welche Unterlagen benötige ich für den Antrag auf Nachlassinsolvenz?
Nachweis über die Stellung als Erbe (Erbschein, Testament, Erbvertrag), Nachweis der Gläubigerstellung, Nachlassverzeichnis, Gläubigerverzeichnis, Aktenzeichen beim Nachlassgericht.
Welche Kosten sind mit einer Nachlassinsolvenz verbunden?
Das sind die Gerichtskosten, die Kosten für einen Nachlassinsolvenzverwalter, den Gläubigerausschuss und eventuell die Kosten für den Sachverständigen.