Pro Jahr werden in Deutschland etwa 400.000 Immobilien vererbt. Um die 40 % davon sind Einfamilienhäuser, die vom Erblasser selbst bewohnt wurden. Was es in Bezug auf die Erbschaftssteuer bei einer selbst bewohnten Immobilie in Deutschland zu beachten gibt, beschreibt dieser Beitrag. Für Ehepartner und Kinder gelten nämlich besondere Ausnahmen bei selbstgenutzten Immobilien.
Was ist die Erbschaftssteuer in Deutschland?
Die Erbschaftssteuer wurde in Deutschland eingeführt, um Ungleichheiten bei der Vermögensverteilung auszugleichen. Sie wird von den Bundesländern erhoben. Im Jahr 2023 betrugen die Einnahmen aus der Erbschaftssteuer 9,29 Milliarden Euro. Daher werden Erbschaften (und Schenkungen) oberhalb eines Freibetrags besteuert. Selbst bewohnte Immobilien sind allerdings von der Erbschaftsteuer ausgenommen, wenn die Erben die Immobilie anschließend selbst bewohnen.
Wer ist betroffen?
Die Erbschaftssteuer gilt grundsätzlich für jeden Erben – egal ob Kinder, Partner oder Geschwister. Nahe Angehörige haben höhere Freibeträge als weiter entfernte Verwandte oder Nicht-Verwandte. Wohnt der Erblasser in Deutschland und der Erbe im Ausland, greift ebenso das deutsche Erbschaftssteuer- und Schenkungsgesetz.
Die Bedeutung des Verwandtschaftsgrades
Für die Höhe der Erbschaftssteuer ist der Verwandtschaftsgrad eine wichtige Bemessungsgrundlage. Während für Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner ein Freibetrag von 500.000 Euro gilt, wäre es bei einem Partner, der nicht eingetragen ist, nur 20.000 Euro. Kinder können bei der Erbschaftssteuer einen Freibetrag von 400.000 Euro geltend machen.
Die steuerliche Behandlung des selbstgenutzten Eigenheims
Eine selbst bewohnte Immobilie wird in Deutschland bei der Erbschaftssteuer anders bewertet als eine vermietete Immobilie. Hier gilt unter bestimmten Bedingungen eine Befreiung von der Erbschaftsteuer. Es gilt allerdings immer die 10-Jahres-Frist. Wird die Immobilie innerhalb dieser Frist verkauft, wird nachträglich Erbschaftsteuer erhoben. Ausnahmen gibt es in diesen Fällen:
- Der Erbe stirbt
- Der Erbe ist pflegebedürftig
Freibeträge und Steuerklassen: Wegweiser für Immobilienerben
Wer eine Immobilie vererben möchte, sollte sich frühzeitig mit dem Thema Erbschaftssteuer auseinandersetzen. Schließlich werden bei Immobilien oft hohe Beträge vererbt. Genau daran möchte der Staat mit der Erbschaftssteuer teilhaben. Die Freibeträge und Steuerklassen sind abhängig vom Verwandtschaftsgrad und in einer übersichtlichen Erbschaftsteuer Tabelle aufgeführt.
Freibetragshöhe nach Verwandtschaftsgrad
Je nach Verwandtschaftsgrad gelten laut dieser Erbschaftsteuer Tabelle unterschiedliche Freibeträge für die Erbschaftssteuer:
- Ehegatten und eingetragene Lebenspartner: 500.000 Euro
- Kinder (inkl. Adoptivkinder und Stiefkinder): 400.000 Euro
- Enkel, deren Eltern bereits verstorben sind: 400.000 Euro
- Enkel, deren Eltern noch leben: 200.000 Euro
- Urenkel, Eltern und Großeltern: 100.000 Euro
- Alle anderen Erben: 20.000 Euro
Steuerklassen nach Verwandtschaftsgrad
Die Einstufung in die einzelnen Steuerklassen erfolgt ebenfalls abhängig vom Verwandtschaftsgrad und ist ein entscheidender Faktor für die Höhe der Erbschaftssteuer:
- Ehepartner und eingetragene Lebenspartner, Kinder, Enkel, Urenkel, Eltern und Großeltern werden bei der Erbschaftsteuer in Steuerklasse I besteuert.
- Geschwister und deren Kinder, Stiefeltern, Schwiegerkinder und Schwiegereltern und geschiedene Ehepartner und getrennte Lebenspartner werden in Steuerklasse II besteuert.
- Für alle anderen Erben erfolgt die Besteuerung in Steuerklasse III.
Ein Erbschaftsteuerrechner kann dabei helfen, die persönliche Steuerbelastung zu ermitteln.
Immobilienbewertung für die Erbschaftssteuer: Methoden und Tücken
Wird eine Immobilie vererbt, ist meist ein Gutachten nötig. Dieses wird genutzt, um:
- Einen Erbschein zu beantragen
- Die einzelnen Erbanteile zu berechnen
- Das Erbe innerhalb der Erbengemeinschaft zu verteilen
- Die Höhe der Erbschaftssteuer zu berechnen
Liegt kein Gutachten vor, beauftragt das Finanzamt einen Gutachter.
Sachwertverfahren und Vergleichswertverfahren
Um eine Immobilie zu bewerten und die Höhe der Erbschaftssteuer zu ermitteln, gibt es verschiedene Verfahren:
- Sachwertverfahren: Hier wird die Immobilie vor allem aufgrund der Bausubstanz bewertet und es werden zusätzlich Marktanpassungsfaktoren in das Gutachten einbezogen.
- Vergleichswertverfahren: Der Wert wird aufgrund vergleichbarer Immobilien in der Umgebung berechnet
- Ertragswertverfahren: Dieses Verfahren wird vor allem bei vermieteten Immobilien und Gewerbeimmobilien angewendet.
Die Rolle eines professionellen Wertgutachtens
Nur das Gutachen eines professionellen Gutachters wird von offiziellen Stellen anerkannt. Das Finanzamt akzeptiert zur Berechnung der Erbschaftssteuer bei einer selbst bewohnten Immobilie nur das Gutachten eines offiziellen Sachverständigen. Eine selbst abgegebene Schätzung der Erben ist in diesem Fall nicht zulässig. Liegt kein Gutachten vor, übernimmt das Finanzamt die Schätzung. Diese fällt seit 2023 zu den Ungunsten des Erben aus.
Verkehrswert vs. Bewertungsstichtag: Worauf kommt es an?
- 9 ErbStG regelt, dass der Bewertungsstichtag für eine Immobilie der Tag ist, an dem der Steuerfall eintritt. Das ist also der Todestag des Erblassers. Ein Gutachter schätzt dann den Verkehrswert der Immobilie zum Bewertungsstichtag. Diese Berechnung wird für die Höhe der Erbschaftsteuer herangezogen.
Steuerbegünstigungen für Erben: Bedingungen und Ausnahmen
Der Staat sieht im Erbschaftsteuer- und Schenkungsgesetz einige Ausnahmen und Begünstigungen beim Vererben von Immobilien vor. Voraussetzungen für Vergünstigungen bei der Erbschaftsteuer sind dafür die Eigennutzung oder der langjährige Besitz.
Darüber hinaus stellt sich in vielen Familien die Frage, wenn der Vater stirbt und die Mutter lebt, wer erbt. Abgesehen vom Anspruch der Kinder auf den Pflichtteil, können Familien diese Frage individuell regeln.
Das Familienheim: Voraussetzungen für Steuervorteile
Hinterlassen die Eltern ihren Kindern als Erbe das selbst bewohnte Familienheim, treten die Kinder als Erben in ihre Fußstapfen. Das bedeutet, dass sie die Immobilie auch als neuer Eigentümer steuerfrei verkaufen können. Dafür müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein, damit die Immobilie von der Erbschaftsteuer befreit ist.
- Die Immobilie wurde im Jahr des Verkaufs und in den beiden Jahren davor selbst bewohnt
- Die Spekulationsfrist ist abgelaufen, da der Erblasser die Immobilie vor mehr als zehn Jahre gekauft hat.
Wie langfristige Selbstnutzung steuerlich belohnt wird
Der Staat belohnt es steuerlich, wenn eine Immobilie langfristig selbst bewohnt wird. Wer eine Immobilie zehn Jahre selbst bewohnt und erst dann verkauft, muss keine Spekulationssteuer zahlen. Diese Steuer fällt an, wenn sich der Wert der Immobilie deutlich gesteigert hat. Es ist ein finanzpolitisches Instrument, das verhindern soll, dass Immobilien nur zu Spekulationszwecken gekauft und wieder verkauft werden.
Erbschaftssteuer vermeiden oder senken: Strategien und Möglichkeiten
Während Ehepartner und Kinder von relativ hohen Freibeträgen bei der Erbschaftssteuer profitieren, sind diese Freibeträge bei weiteren Verwandten relativ gering. Angenommen, die Eltern des Erblassers sind verstorben und er hat keine Kinder, erben die Geschwister in der gesetzlichen Erbfolge. Für sie gilt nur ein Freibetrag von 20.000 Euro. Eine frühzeitige Planung kann hier helfen, um die Erbschaftssteuer zu reduzieren.
Tipps zur frühzeitigen Planung und Testamentgestaltung
Wer sich frühzeitig um seine Nachlassplanung kümmert und ein Testament gestaltet, kann damit seinen Nachlass optimieren. Die Aufteilung auf mehrere Erben innerhalb der Familie oder Schenkungen zu Lebzeiten helfen dabei, die Belastung bei der Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer zu reduzieren. Jedoch steht es jeder Familie frei, das eigene Haus an nur ein Kind zu überschreiben. Andere Kinder können dann jedoch einen Pflichtteil einfordern.
Die Schenkung zu Lebzeiten: Vor- und Nachteile
Jeder Person steht es frei, eine selbst bewohnte Immobilie zu Lebzeiten zu verschenken, um die Erbschaftssteuer zu reduzieren. Ein Haus frühzeitig zu überschreiben, um die 10 Jahresfrist zu umgehen, ist eine beliebte Strategie. Angenommen, die Eltern haben ein Haus, das 1.600.000 Euro wert ist und haben zwei Kinder. Sie können die Hälfte des Hauses an die Kinder überschreiben.
Das sind 400.000 Euro pro Kind und entspricht genau dem Freibetrag. Dieser Freibetrag kann aber nur alle zehn Jahre geltend gemacht werden.
Alternative Verwendungsmöglichkeiten für geerbte Immobilien
Wer eine Immobilie erbt, kann frei entscheiden, was er damit machen möchte. Es sei denn, das Testament hat die Erbschaft an eine Auflage gebunden. Generell bestehen die folgenden Möglichkeiten:
- Die Immobilie selbst bewohnen
- Die Immobilie verkaufen
- Die Immobilie vermieten
- Die Immobilie verschenken
Verkaufen oder Vermieten: Was ist steuerlich günstiger?
Ob es steuerlich günstiger ist, eine Immobilie zu verkaufen oder zu vermieten, muss im Einzelfall entschieden werden. Bei der Betrachtung stellt sich die Frage, ab wann die Erbschaftssteuer anfällt.
- Wird eine Immobilie verkauft, fällt sofort Erbschaftsteuer an
- Wird die Immobilie vermietet, fällt dann keine Erbschaftsteuer an, wenn die Immobilie zehn Jahre nach dem Erbfall verkauft wird.
Checkliste: Diese Unterlagen benötigen Sie für das Finanzamt
Das Finanzamt benötigt verschiedene Unterlagen, um die Höhe der Erbschaftssteuer zu berechnen:
- Falls vorhanden: Testament, Ehevertrag
- Gutachten über den Wert der Immobilie
- Informationen über das Verwandtschaftsverhältnis
Fazit zu Erbschaftssteuer selbst bewohnte Immobilie
Wird eine selbst bewohnte Immobilie an Ehepartner oder Kinder vererbt, fällt bei weiterer Eigennutzung keine Erbschaftsteuer an. Wird die Immobilie jedoch verkauft oder vermietet, müssen die Erben Erbschaftssteuer bezahlen. Die Höhe richtet sich nach dem Wert der Immobilie bzw. ob der Wert über dem persönlichen Freibetrag liegt.
FAQs zu Erbschaftssteuer selbst bewohnte Immobilie
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um eine selbstbewohnte Immobilie steuerfrei zu erben?
Der Erblasser muss die Immobilie in den zwei Jahre vor seinem Tod selbst bewohnt haben und der Erbe muss die Wohnung anschließend für zehn Jahre selbst bewohnen. Zudem darf die Wohnfläche maximal 200 Quadratmeter betragen.
Wie hoch sind die Freibeträge für Ehegatten und Kinder bei einer selbstbewohnten Immobilie?
Wird die selbst bewohnte Immobilie nach dem Tod des Erblassers verkauft oder vermietet, gelten folgende Freibeträge: Für Ehegatten gelten grundsätzlich 400.000 Euro als Freibetrag. Pro Kind sind es 400.000 Euro. Zusätzlich kommen noch Versorgungsfreibeträge hinzu.
Was passiert, wenn die selbstbewohnte Immobilie verkauft oder vermietet wird?
Dann fällt über dem Freibetrag Erbschaftssteuer an.
Wie lange muss die Immobilie nach dem Erbfall selbst bewohnt werden?
Hier gilt eine Frist von zehn Jahren, damit die Befreiung von der Erbschaftsteuer greift.
Welche steuerlichen Regelungen gelten für weitere Erben wie Geschwister oder Enkelkinder?
Für Enkel und Geschwister gilt diese besondere Form der Steuerbefreiung bei der Erbschaftsteuer nicht. Enkelkinder können einen Freibetrag von 200.000 Euro geltend machen. Falls ihre Eltern bereits verstorben sind, sind es 400.000 Euro. Für Geschwister gilt lediglich ein Freibetrag von 20.000 Euro