Die gesetzliche Erbreihenfolge regelt, wer das Vermögen eines Verstorbenen erbt, wenn kein Testament vorliegt. Sie bestimmt die Erben nach Ordnungen und Verwandtschaftsgrad, wobei Ehegatten, Kinder und weitere Verwandte berücksichtigt werden.
Grundlagen der gesetzlichen Erbreihenfolge
Die Erbreihenfolge ohne Testament ist in §1924 BGB geregelt. Das BGB sieht dabei 4 Ordnungen vor:
- Erben 1. Ordnung: Kinder und deren Nachkommen (Enkel und Urenkel)
- Erben 2. Ordnung: Eltern und deren Nachkommen (Geschwister, Neffen und Nichten)
- Erben 3. Ordnung: Großeltern und deren Nachkommen (Onkel und Tanten)
- Erben 4. Ordnung, Urgroßeltern und deren Nachkommen (Großonkel, Großtante)
Verwandte nach Ordnungen und ihre Ansprüche
Die 4 Ordnungen gelten hierarchisch und schließen sich gegenseitig aus. Lebt mindestens eine Person aus der 1. Ordnung, gehen die Ansprüche an diese Person. Gibt es keine Erben 1. Ordnung, erben die Erben der 2. Ordnung. Die Erbreihenfolge ohne Kinder sieht also vor, dass die Eltern bzw. die Geschwister erben. Gibt es keine Erben 2. Ordnung, kommen die Erben 3. Ordnung ins Spiel und anschließend die Erben 4. Ordnung. Ein Erbe 4. Ordnung kann genauso zum Alleinerben werden wie ein Erbe 1. Ordnung.
Das Prinzip der Stammeserben bei direkten Nachkommen
Im Erbrecht gilt das Prinzip der Stammeserben. Das Erbe wird also innerhalb des Stammes vererbt. Angenommen, es handelt sich um einen verwitweten Mann, dessen Sohn bereits verstorben ist. Es leben noch zwei Geschwister und es gibt ein Enkelkind. Gemäß des Stammesprinzips wird der Enkel zum Alleinerben. Die Geschwister gehen laut offizieller Erbreihenfolge leer aus. Innerhalb eines Stamms erhält jeder Erbe den gleichen Erbanteil.
Erbansprüche von entfernten Verwandten
Erbansprüche von entfernten Verwandten wie Großtanten oder Großonkel kommen nur in einer Erbreihenfolge ohne Kinder zum Tragen. Kinder haben immer Vorrang. Dann kommen die Eltern.
Hat ein Erblasser jedoch keine Kinder, keine Geschwister, keine lebenden Eltern mehr und die Eltern hatten ebenfalls keine Geschwister, dann kommen Verwandte wie Großtanten und Großonkel ins Spiel. Leben diese ebenfalls nicht mehr, erben deren Nachkommen.
Die Rolle des ehelichen Güterstands im Erbfall
Für den Erbfall spielt es bei der Erbreihenfolge ohne Testament eine Rolle, in welchem Güterstand die Ehe geschlossen wurde.
- Bei der Zugewinngemeinschaft fallen dem Ehepartner 50 % des Vermögens zu.
- Bei der Gütergemeinschaft erhält der überlebende Ehepartner 75 % des Gesamtguts.
- Bei der Gütertrennung orientiert sich der Erbteil an der Zahl der Verwandten und ihrer Beziehung zum Erblasser. Gibt es Verwandte 1. Ordnung erbt der Ehepartner ein Viertel des Vermögens.
Erbfolge ohne Testament: Besonderheiten und häufige Konstellationen
Ein Testament zu schreiben ist in Deutschland keine Pflicht. Laut offiziellen Daten hat nur ein Viertel der Deutschen ein Testament. In der Mehrheit der Fälle kommt also die gesetzliche Erbfolge bei einem Todesfall zum Tragen. Häufige Konstellationen sind, dass Ehepartner gemeinsam mit ihren Kindern erben und eine Erbengemeinschaft bilden. Sind keine eigenen Kinder vorhanden geht das Erbe an die Eltern, wenn diese noch leben oder an die Geschwister, wenn die Eltern bereits verstorben sind.
Erbrechte von Kindern und Enkelkindern
Die Erbrechte von Kindern und Enkelkinder sind gesetzlich im BGB verankert. Kinder und Enkelkinder gelten als Erben 1. Ordnung und haben damit Priorität. Sie stehen damit in der Erbreihenfolge vor den Geschwistern und den Eltern. Man bezeichnet das auch als Stammesprinzip. Hat ein Erblasser drei Kinder, von denen eines bereits verstorben ist, aber bereits ein Enkelkind hat, erhält dieses Enkelkind den gleichen Teil wie die Kinder.
Erbrechtliche Situation bei Alleinstehenden ohne direkte Nachkommen
Hat ein Alleinstehender keine direkten Nachkommen, ergibt sich die Erbreihenfolge ohne Testament aus dem BGB. Gibt es Erben, 2. Ordnung, erben sie das Vermögen. Das wären dann die Eltern bzw. die Geschwister. Sind die Eltern verstorben und es gibt keine Geschwister, erben die Erben 3. Ordnung.
Was geschieht, wenn kein Erbe feststellbar ist?
In manchen Fällen kann das Nachlassgericht keine Erben feststellen. Das kann dann der Fall sein, wenn eine Person wenig Verwandtschaft hat. Auch bei zugereisten Flüchtlingen kann die Erbermittlung schwierig sein.
Wenn es in diesem Fall kein Testament gibt – egal, ob handschriftlich oder offiziell beim Notar hinterlegt – springt der Staat als Erbe ein. Das Erbrecht in Deutschland gibt vor, dass es keinen Nachlass ohne Erben gibt. In diesem Fall wird das Bundesland, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte, zum Erben.
Ehegatten und ihre Position in der Erbreihenfolge
Ehegatten stehen in der Erbreihenfolge an erster Stelle. Bei einem verheirateten Paar mit zwei Kindern würde die Aufteilung des Erbes im Fall der Zugewinngemeinschaft so aussehen:
- Ehepartner: 50 % Erbanteil
- Kind 1: 25 % Erbanteil
- Kind 2: 25 % Erbanteil
Testament und Pflichtteil – Gestaltung der eigenen Erbfolge
Wer ein Testament schreibt, kann seinen Nachlass zu Lebzeiten regeln. In Deutschland herrscht Testierfreiheit. Daher kann jemand sein Vermögen an jede beliebige natürliche oder juristische Person vererben. Es ist jedoch nicht möglich, sein Vermögen an ein Tier zu vererben.
Zusätzlich gibt es zwei Personengruppen, die immer Anspruch auf den Pflichtteil haben. Das sind:
- Die Ehepartner bzw. die eingetragenen Lebenspartner
- Die Kinder (und deren Nachkommen)
Werden sie im Testament nicht bedacht, können sie gegenüber dem oder den Erben immer ihren Pflichtteil geltend machen.
Was ein handschriftliches Testament beinhalten sollte
Ein handschriftliches Testament zu schreiben, ist gängige Praxis. Das Testament muss nicht beim Notar beurkundet werden. Es kann genauso zuhause aufbewahrt werden und anhand einer Vorlage für ein Testament geschrieben werden. Es muss jedoch folgende Elemente beinhalten, damit es gültig ist:
- Den vollständigen Namen des Erblassers
- Die eingesetzten Erben
- Den detaillierten Nachlass und dessen Verteilung
- Datum
- Eigenhändige Unterschrift
Rechte des Pflichtteils und dessen Berechnung
Ehepartner und eingetragene Partner sowie Kinder und deren Nachkommen haben Anspruch auf einen Pflichtteil am Erbe. Trotz Testament, in dem die Kinder nicht bedacht sind, können sie beim Erbe ihren Pflichtteil einfordern. Das gilt beim Berliner Testament ebenso wie bei einem Erbvertrag. Der Pflichtteil entspricht in seiner Höhe der Hälfte des gesetzlichen Anspruchs.
Das Berliner Testament und seine Besonderheiten
Das Berliner Testament ist eine Sonderform des Testaments und zeichnet sich durch folgende Kriterien aus:
- Es wird zwischen Ehepaaren geschlossen
- Sie setzen sich in der Regel als Alleinerben ein.
- Das Testament bestimmt bereits, was mit dem Vermögen nach dem Tod der beiden Ehepartner passiert (Nacherben)
- Nach dem Tod eines Ehepartners kann der überlebende Ehepartner das Testament nicht eigenmächtig ändern.
Erbschein und Erbansprüche: Was kostet ein Erbschein?
Ein Erbschein kann beim Nachlassgericht beantragt werden. Er dient für die rechtmäßigen Erben als Legitimation gegenüber Behörden, Banken und Versicherungen. Liegt weder ein Testament noch ein Erbschein vor, müssen Erben einen Erbschein beantragen. Sie fragen sich, was ein Erbschein kostet? Die Kosten sind abhängig von der Höhe des Erbes und im Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) geregelt.
Tatsächliche Kosten für einen Erschein
Die Kosten für den Erbschein sind in der Gebührentabelle B zum Gerichts- und Notarkostengesetz geregelt.
- Bis 10.000 Euro: 75 Euro
- Bis 50.000 Euro: 165 Euro
- Bis 110.000 Euro: 273 Euro
- Bis 200.000 Euro: 435 Euro
- Bis 500.000 Euro: 935 Euro
- Bis 1.000.000 Euro: 1.735 Euro
Hinzu kommt die gleiche Gebühr für die eidesstattliche Versicherung. Um die Kosten für einen Erbschein zu vermeiden, kann der Erblasser ein Testament schreiben.
Wie kann man ein Erbe ausschlagen und welche Fristen gelten?
Jeder Erbe kann innerhalb von sechs Wochen, nachdem er Kenntnis vom Tod des Erblassers erlangt hat, das Erbe ausschlagen. Ein Erbe auszuschlagen ist auf zwei Wegen möglich:
- Persönliches Erscheinen auf der Rechtsantragsstelle des Nachlassgerichts am eigenen Wohnort oder Wohnort des Erblassers
- Per schriftlichem Antrag
Gründe für die Ausschlagung eines Erbes
Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen ein Erbe ausschlagen. Das sind die häufigsten:
- Sie befinden sich selbst in einer Privatinsolvenz
- Sie sind verschuldet
- Der Erblasser hat nur Schulden hinterlassen
- Das Vermögen umfasst eine Immobilie mit hohem Sanierungsbedarf
- Sie möchten keine Erbschaftssteuer bezahlen
- Sie schlagen das Erbe aus, damit direkt Ihre Nachkommen erben und können so die Erbschaftssteuer optimieren
Vorgehensweise beim Ausschlagen und rechtliche Folgen
Wer ein Erbe ausschlagen möchte, hat dafür sechs Wochen nach dem Tod des Erblassers Zeit. Ein Erbe auszuschlagen ist ein aktiver Vorgang. Wer innerhalb der sechswöchigen Frist nicht reagiert hat, hat das Erbe automatisch angenommen. Um es auszuschlagen, ist ein persönliches Erscheinen beim Nachlassgericht oder ein Schreiben an das Nachlassgericht nötig. Wenn das Erbe einmal ausgeschlagen ist, kann der Erbe später keine Forderungen mehr geltend machen.
Erbschaftsteuer und finanzielle Verpflichtungen des Erben
In Deutschland ist der Staat befugt, die Erbschaftssteuer einzuheben. Sie greift im Fall von Erbe oder Schenkung. Die Steuer ist dann an das zuständige Finanzamt zu zahlen, wenn durch das Erbe der persönliche Freibetrag überschritten wird. Die Erbschaftssteuer ist unabhängig von der Erbreihenfolge, jedoch spielt es eine Rolle ob Geschwister oder Kinder erben. Die Steuer wird nämlich durch den Grad der Verwandtschaft bestimmt.
Die Freibeträge bei der Erbschaftssteuer
Derzeit gelten folgende Freibeträge für die Erbschaftssteuer:
- Ehegatten und eingetragene Lebenspartner 500.000 Euro
- Kinder und Stiefkinder: 400.000 Euro
- Enkel, deren Eltern bereits verstorben sind: 400.000 Euro
- Enkel, deren Eltern noch leben: 200.000 Euro
- Eltern, Großeltern, Urenkel: 100.000 Euro
- Alle anderen Erben: 20.000 Euro
Wer über dem Freibetrag liegt, muss dies an das zuständige Finanzamt melden und eine Erbschaftssteuererklärung abgeben.
Fazit zu Erbreihenfolge
Die Erbreihenfolge regelt von Gesetzes wegen, wer bei einem Todesfall erbt, wenn jemand ohne Testament oder Erbvertrag verstirbt. Die Reihenfolge regelt, welche Verwandten einen Anteil am Erbe bekommen. Zusätzlich haben bei verheirateten Menschen immer die Ehepartner Priorität und erben als Erbengemeinschaft zusammen mit den nächsten Verwandten.
FAQs zu Erbreihenfolge
Was bedeutet gesetzliche Erbreihenfolge?
Die gesetzliche Erbreihenfolge ist im Erbrecht festgelegt. Sie legt fest, in welcher Reihenfolge und Höhe Ehepartner und Verwandte erben, wenn es weder Testament noch Erbvertrag gibt.
Wer sind die Erben erster Ordnung?
Als Erben erster Ordnung zählen laut §1924 BGB die direkten Nachkommen des Erblassers. Das sind Kinder, Enkel, Urenkel.
Wie erben Ehegatten neben Kindern oder Eltern des Erblassers?
Das kommt auf den Stand der Ehe an, also ob die Ehe in Zugewinngemeinschaft oder Gütergemeinschaft geschlossen wurde
Welche Rolle spielen Geschwister in der Erbreihenfolge?
Geschwister zählen in der Erbfolge als Erben 2. Ordnung. Sie erben nur dann, wenn der Erblasser keine Kinder hat und die Eltern bereits verstorben sind.
Was passiert, wenn keine Erben erster oder zweiter Ordnung vorhanden sind?
Dann erben die Erben 3. Ordnung. Das sind Großeltern und deren Nachkommen, also auch die Tanten und Onkel des Erblassers.